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Bericht über die Visitation in der Inspektion Bevern und Holzminden

Visitationsbericht der Gemeinde Goldbach (1653)

Fast über seine gesamte Tätigkeit als Generalissimussuperintendent in Wolfenbüttel hinweg zieht sich für Lütkemann die Aufgabe einer allgemeinen Kirchenvisitation. Zwischen 1650 und 1654 besucht er alle Kirchengemeinden des Herzogtums in jeweils etwa zweiwöchigen Reisen, die sich über das ganze Jahr verteilen. Hierbei prüft er die Katechismuskenntnis der Gemeindeglieder, den Fleiß der Pastoren, Küster und Lehrer, die Rechnungsbücher der Gemeinden, die Pfründen der Ämter und der Kirche sowie den Zustand der Gebäude. Darüber hinaus werden ihm punktuell von den Pfarrern oder von den Gemeinden Angelegenheiten vorgetragen, die sich auf das sittliche Verhalten Einzelner, Matrimonial- oder Besitzstreitigkeiten beziehen und die er zu einer Lösung führen soll. In weiten Teilen nimmt der Theologe also eine obrigkeitliche Aufsichtsfunktion wahr, bei der ihn der Amtmann unterstützen muss. Über seine Beobachtungen und Entscheidungen verfasst Lütkemann ausführliche Protokolle für Herzog August. In schwerwiegenden Fragen wird diesem oder dem Konsistorium die Sachlage zur Beschlussfassung angelegt.

Wie die meisten Gemeinden setzt sich auch Goldbach aus mehreren Dorfschaften, teils mit eigener Kapelle, zusammen. Der Kenntnisstand der Gemeindeglieder über ihren Glauben ist so schlecht, „das auch fast kein einiger wuste, wer Jesus were“. Die Schuld daran liegt in Lütkemanns Augen nicht beim spärlichen Besuch der Bet- und Katechismusstunden durch die Leute, sondern in der Faulheit des Pfarrers. Zum Beweis greift er sich einen Jungen aus der Menge heraus, bringt „demselben durch Gottes gnade den grundt der sehligkeit bey“ und kann anschließend auch in der Menge richtige Antwort auf die Katechismusfragen finden. Der Pfarrer wird darum öffentlich gescholten.

Neben diese Tätigkeit als Geistlicher tritt die bereits erwähnte Aufgabe als Vertreter der obrigkeitlichen Gewalt mit ganz weltlichen Problemen: Weil es in den Filialdörfern seit einiger Zeit eigene Schulen gibt, müssen die Einkommensverhältnisse der Schulmeister innerhalb der Gemeinde neu geregelt werden, auch dies fällt in Lütkemanns Aufgabenbereich, ebenso wie die Zusage, dass dem Pastor eine Zulage aus Kircheneinnahmen zukommt, solange sein alter Vorgänger noch aus Pfründen seinen Unterhalt gewinnt. Darüber hinaus besorgt Lütkemann die Auslösung einer einst verpfändeten Wiese und ordnet an, dass das vom vorigen Pastor auf eigene Kosten aufgerichtete Witwenhaus von der Gemeinde ausgelöst werde. Auch sittliche Anstößigkeiten sind in Goldbach zu erkennen: Ein Mann hat seinen Stiefvater geschlagen, wofür er verhaftet wird, eine Frau wurde durch den Pastor von der Beichte ausgeschlossen, weil sie nicht zur Buße bereit war.

Nachweis: Landeskirchliches Archiv Wolfenbüttel, V1927 (Visitationsberichte), fol. 145v–146v: Bericht über die Visitation in der Inspektion Bevern und Holzminden, Mai 1653, hier: Gemeinde Goldbach, 18. Mai 1653.

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DVCATVS BRVNSVICENSIS fereq[ue] LVNÆBVRGENSIS, Cum adjacentibus Episcopatibus, Comit[atibus], Domin[iis]. etc. […] (Die Herzogtümer Braunschweig sowie (nahezu vollständig) Lüneburg mit angrenzenden Bistümern, Grafschaften, Herrschaften etc.) [ca.1630].

Aus: Theatrum Orbis Terrarum, sive Atlas Novus […] (Schauplatz des Erdkreises, oder Neuer Atlas), hrsg. von Willem und Joan Blaeu, Bd. 1, Amsterdam 1645.

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Die Karte zeigt in einem Maßstab von etwa 1:360.000 den von Wolfenbüttel aus regierten Teil der welfischen Besitzungen in den 1620er Jahren. Dieses Gebiet erstreckte sich vom Steinhuder Meer und Deister bis zum Elm, vom Solling bis zum Harz. Es setzte sich zusammen aus den Fürstentümern Wolfenbüttel, Calenberg und Göttingen, aus großen Teilen des Stifts Hildesheim, ferner den Grafschaften Blankenburg und Hohnstein. Daneben sind auf der Karte im Norden aber auch Besitzungen der Lüneburger Linie des welfischen Gesamthauses sowie von West nach Ost zudem die Grafschaft Schaumburg, das (sog. Kleine) Stift Hildesheim, das zu dieser Zeit lüneburgische Fürstentum Grubenhagen, die Grafschaften Wernigerode und Stolberg sowie das Stift Halberstadt zu erkennen.

Den dieser Karte zugrundeliegenden Kupferstich schuf Ende der 1620er Jahre Caspar Dauthendey († ca. 1639/40), der am Hofe des Herzogs Friedrich Ulrich in Wolfenbüttel als Mathematiker, Landvermesser, Architekt und Bauverwalter tätig war. Die Karte wurde seit Mitte der 1630er Jahre von den Amsterdamer Kartographen und Verlegern Willem Janszoon (1571-1638) und Joan (1596–1673) Blaeu in ihrem mehrteiligen „Novus Atlas“ verwendet, der unter variierten Titeln und vielfach erweitert in dichter Folge Neuauflagen erlebte. Die vorliegende Abbildung stammt aus einer Ausgabe aus dem Jahre 1645. Die Karte fand jedoch in leicht modifizierter Form auch Aufnahme in anderen Kartenwerken jener Zeit. In den 1640er Jahren nutzte sie der Verleger Johann Janssonius (1588-1664), größter Konkurrent der Familie Blaeu, für seine Werke, später dann auch Frederik de Wit (1610-1698).

Weiterführende Literatur: Fritz Hellwig: Caspar Dauthendey und seine Karte von Braunschweig, in: Speculum Orbis. Zeitschrift für alte Kartographie und Vedutenkunde 2/1 (1986), S. 25-34.

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Bericht über die Visitation in der Inspektion Bevern und Holzminden

Nachweis: Landeskirchliches Archiv Wolfenbüttel, Voges 1927, Bl. 145 b-146 b.: Bericht über die Visitation in der Inspektion Bevern und Holzminden, Mai 1653, hier: Gemeinde Goldbach, 18. Mai 1653.